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usgabe 53
Alles ist durchleuchtet


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Editorial von Björn Brückerhoff
Interview mit Peter Glaser:
Datenschutz ist ungeil
Auf der Suche nach dem Online-Ich
Die Nadel im Heuhaufen

Verbraucher kommen zu kurz
Mündige Verbraucher verirrten sich...
Die freiwillige Entblößung
Sicherheit = Datensicherheit?
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Alles ist durchleuchtet

 

Ab dem 1. Januar 2008 könnte Deutschland zum Überwachungsstaat werden. Die elektronische Kommunikation der Gesellschaft soll protokolliert werden: Telefonverbindungen, Kurzmitteilungen, E-Mails, sämtliche Internet-einwahlvorgänge und aufgerufene Web-Adressen. Bei mobiler Kommunikation wird sogar der Standort der Gesprächspartner festgehalten. Die Inhalte der Kommunikation bleiben dabei zunächst unangetastet. Gespeichert werden sollen die Daten jeweils für sechs Monate.

Die gigantische Datenmenge, die dabei entsteht, ist höchst ergiebig. Bewegungsprofile können damit erstellt, soziale Netzwerke nachgezeichnet werden. Wer mit wem befreundet ist, wer wann wohin reist
alles wird transparent.

Hintergrund der präventiven Überwachung ist die Hoffnung, über die protokollierte Kommunikation von Millionen Bundesbürgern Erkenntnisse über die Machenschaften von Terroristen und anderen Straftätern zu erlangen. Polizei, Staatsanwaltschaft, Nachrichtendiensten und anderen Behörden soll der Zugriff auf die Daten ermöglicht werden.

Die Vorratsdatenspeicherung führt das Datenschutz-Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ad absurdum. Dieses Recht leitet sich nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983, als erboste Bürger gegen eine geplante Volkszählung Verfassungsbeschwerde einreichten, direkt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab. Jedem Bürger wird dabei das Recht zugesprochen, selbst festlegen zu können, welche Daten über ihn erhoben, gespeichert und verarbeitet werden dürfen. Berufsgruppen, für die Verschwiegenheit besonders wichtig ist, fürchten um die Grundlagen ihrer Arbeit: Journalisten, Ärzte, Rechtsanwälte, sogar die Kirche. Kurz: Die Privatsphäre ist tot und alle sind verdächtig.

Neue Gegenwart hat in dieser Ausgabe mit
Peter Glaser über das Bewusstsein der Bevölkerung gesprochen, persönliche Daten schützen zu müssen. Glaser ist Ehrenmitglied des Chaos Computer Clubs, Journalist und Schriftsteller. Er beschäftigt sich seit Jahren mit den Entwicklungen der Informations- und Mediengesellschaft.

Schon oft war der Schutz der Privat- und Intimsphäre Thema in der Neuen Gegenwart. Doch während noch 2004 die größte Gefahr für diese Sphären im Fernsehen behandelt wurde die Sendung Big Brother scheint Jahrzehnte her zu sein haben inzwischen große Teile der jüngeren Bevölkerung ein sehr entspanntes Verhältnis zum Datenschutz entwickelt. In Plattformen wie Facebook oder der deutschen Kopie StudiVZ wird freiwillig enthüllt, was die private Bildersammlung hergibt. Neue Gegenwart-Autorin Carolin Wattenberg hat sich u. a. mit der Wirkung dieser Freizügigkeit bei der Jobsuche beschäftigt. Christian Schnorfeil ist der Frage nachgegangen, warum die Anbieter von Payback-Punkten eigentlich so freundlich sind, ihre Kunden mit Prämien für Einkäufe zu belohnen. Die Datenschutz-Expertin Christiane Schulzki-Haddouti beschäftigt sich mit der Umsetzbarkeit der viel diskutierten Online-Durchsuchung und Kristina Schneider wirft einen kritischen Blick auf People-Suchmaschinen, die aus Netzwerkplattformen und aus den Daten von Universalsuchmaschinen (wie z. B. Google) ungefragt Profile über jeden Web-Nutzer anlegen bis dieser widerspricht. Gibt es dort auch ein Profil von Ihnen? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch.

Weitere Beiträge zum Schwerpunkt finden Sie wie immer auf der aktuellen
Startseite der Neuen Gegenwart. Zum Beispiel zum neuen Telemediengesetz und zu der Frage, wie Datenschutz und Datensicherheit als Themen im Qualitätsjournalismus behandelt werden.

Eine gute Lektüre wünscht Ihnen
Björn Brückerhoff





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